Adventsanlass 2023
Unser Adventsanlass am 07. 12. 2023 war eine Annäherung an Franz Schubert in Wort und Musik.
Die späten Klavierkompositionen von Franz Schubert gehören wohl zu den schönsten Werken der Klavierliteratur. Als wohl einziger «echter Wiener» unter den berühmten Tonsetzern der Wiener Klassik wurde Schubert zu Lebzeiten jedoch eher belächelt und bemitleidet als bewundert. Er konnte sich nur mit Hilfe seiner engsten Freunde und Förderer über Wasser halten. Von Geburt an melancholisch, geprägt vom Aufwachsen in ärmlichen Verhältnissen, bewahrte er sich dennoch eine bodenständige Lebensfreude, von der auch die «Schubertiaden» zeugen
Der österreichische Konzertpianist Bernhard Parz gab Einblicke in Musik und Leben des Komponisten und trug uns folgende Schubert-Werke vor:
aus Moment Musicaux: Nr. 1, 2 und 3
12 Ecossaisen
Sonate c-Moll D.958, 1. und 3. Satz
Zugabe:
«Jesu bleibet meine Freude», aus der Kantate BWV 147, Klavierbearbeitung von Myra Hes
Es ist nur ein Wien
Am 15. November gab uns Frau PD Dr. Anett Lütteken – Germanistin und Leiterin der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich – einen Einblick in das Wien des späten 18 Jahrhunderts. Anhand von Johann Pezzls ´Skizzen von Wien´ wurde sein ebenso zeitkritisches wie unterhaltsames Wien-Panorama vorgestellt.
Wir erfuhren interessante und detaillierte Neuigkeiten über das Leben in Wien während der josephinischen Aufklärung und die rege Diskussion darüber ging im Laufe des anschliessenden Apéros munter weiter.
Vom fröhlich wirbelnden Hochzeitsreigen der Priester und Nonnen in Zürich 1523-1525
Den Zölibat gebrochen hatten schon viele, aber 1523 heiratete erstmals ein Priester öffentlich: in Witikon, einem kleinen Dorf nahe bei Zürich. Einmal mehr waren die Zürcher Reformierten geschwinder als Luther und seine Freunde.
Am Donnerstag, den 7. September trafen wir Frau Barbara Hutzl-Ronge am Lindenhof und unternahmen mit ihr einen Spaziergang in der Altstadt. Wir erfuhren interessante Details von der Zürcher Nonne welche sich als erste getraut hat, zu heiraten, wer von den Priestern frohgemut die Ehe eingegangen ist, Monate bevor Huldrych Zwingli und Anna Reinhart heirateten und wer zu den Nachzüglern gehörte, die der Rat 1525 ermahnen musste, «es nicht länger mit ihren Jungfern unvermächlet zu treiben, sondern innerhalb von vierzehn Tagen zu Kirche zu gehen».
Tradition und Aufbruch im medizinischen Denken der Renaissance
Am 4. Mai nahm uns Frau Prof. Dr. Iris Ritzmann mit auf eine Zeitreise durch die Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften. Sie studierte Medizin, Allgemeine Geschichte, Medizingeschichte und Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Zürich. Sie war Leiterin der Handschriften- und Bildersammlung des Medizinhistorischen Instituts Zürich. Ab 2010 leitete sie das Medizinhistorische Institut interimistisch, von Februar 2011 bis Ende 2013 war sie stellvertretende Direktorin. Sie ist Lehrbeauftragte an der Universität Zürich, freischaffende Wissenschaftlerin und Co-Kuratorin des Museums für medizinhistorische Bücher Muri.
Im Zeitalter der Renaissance trafen verschiedenste Neuerungen auf ein mittelalterlich geprägtes, statisches Weltbild. Die dadurch ausgelöste Verunsicherung eröffnete Chancen zur Neuorientierung in allen Lebensbereichen, verstärkte aber auch das Bedürfnis nach Halt in traditionellen Denkweisen. Wie sich diese Epoche in der Medizin widerspiegelt, zeigte sie anhand früher medizinischer Druckwerke, die im Medizinhistorischen Büchermuseum in Muri aufbewahrt werden. Frau Prof. Ritzmann führte uns ein in die spannungsreiche Auseinandersetzung mit anatomischen, naturwissenschaftlichen, geburtshilflichen und religiösen Sichtweisen der Renaissance.
Generalversammlung 2023
Die Generalversammlung 2023 fand am 13. April im Kunsthaus Zürich statt und begann mit einer Führung im neuen Gebäude des Kunsthauses, dem Chipperfield-Bau. Wir gewannen einen Eindruck von den Bildern der Giacometti-, Bührle-, Merzbacher-, Looser- und Knecht-Sammlungen.
Nach der Führung gingen wir durch einen Tunnel ins alte Gebäude, den Moser-Bau. Vor der eigentlichen GV im Vortragssaal des Kunsthauses referierte der Vizedirektor des Kunsthauses Christoph Stuehn über die Rolle von Museen in der Gesellschaft, über die Unterschiede zwischen Sammlungen und Ausstellungen, über die Beziehungen von Künstler:innen und Museen sowie über einige Highlights zum Chipperfield-Bau.
An der GV nahmen 45 stimmberechtigte MItglieder der ÖSKG teil. Der Geschäftsbericht und die Vereinsrechnung wurden einstimmig abgenommen, der Vorstand wurde entlastet und wiedergewählt.
Im Nebenraum konnten wir bei einem gemütlichen Apéro riche Erfahrungen austauschen. Gegen 22:00 machten sich die letzten Mitglieder auf den Heimweg.
Marmorera Castiletto
Die Stadt Zürich benötigte Strom und viele Einheimische Geld, deshalb versank das Dorf Marmorera Mitte des 20. Jahrhunderts in den Fluten eines Stausees. Der Vortrag vom 23.3.2023 hat sich erneut mit dem Thema Energiegewinnung auseinandergesetzt. Diesmal warfen wir mit der Historikerin Dr. Rachel Huber von der Universität Luzern einen Blick in die Vergangenheit. Der Staudamm Marmorera Castiletto, einer von 33 Stauseen im Kanton Graubünden, stand im Mittelpunkt. Ein Stück Schweizer Geschichte in der Energiegewinnung durch Wasserkraft. Das vermeintliche Bergidyll birgt ein Geheimnis. Auf dem Grund des Stausees liegen die Ruinen des Dorfes Marmorera, einst eine florierende Gemeinde, die vor dem Bau des Albulatunnels vom Kutschenverkehr über den Julierpass profitierte. Als diese Einnahmequelle wegbrach standen viel Dorfbewohner vor grossen finanziellen Schwierigkeiten. Am 17. Oktober 1949 stimmten die Bürger von Marmorera ab über die Erteilung der Konzession zur Ausnutzung der Wasserkräfte und zur Erstellung eines Stausees, 24 Bewohner stimmten Ja und zwei Nein. Witwen von Grundbesitzern besassen kein Wahlrecht. In der Folge wurde ein ganzes Dorf geflutet, 29 Wohnhäuser, 52 Ställe, das Schulhaus und die Kirche. 140 Hektar Land wurden geflutet. Der Vortrag beschäftigte sich mit der Frage: Was ist wichtiger, finanzielles Auskommen oder die Energieversorgung einer fernen Stadt? Ist Marmorea Castiletto eine Erfolgsgeschichte der Schweizer Energiegewinnung?
Frau Dr. Rachel Huber
Historikerin an der Universität Luzern und Co-Gründerin des HistorikerInnenNetzwerk Schweiz
Energieversorgung 2050 – Ein Ausblick
Vortrag von Peter Eugster, pensionierter CFO von EKZ am 21. Februar im Lyceumclub
Für die ausreichende Versorgung der Schweiz mit Energie im Jahr 2050 sind eine Reihe von Rahmenbedingungen zu beachten, die, um die Ziele zu erreichen bereits heute, 2023, wesentlichen Handlungsbedarf erfordern:
- zunehmende Erderwärmung
- notwendige Dekarbonisierung
Diese Szenarien führen dazu, dass in Zukunft erneuerbare Energie zur dominanten Primärenergie werden wird, was dann zu einer weitgehenden Elektrifizierung der Energieversorgung führen wird.
Zur Realisierung der Szenarien sind einige Besonderheiten der Energiebranche in Betracht zu ziehen:
- Innovationen sind zeitaufwändig
- Innovationszyklen i nehmen viel Zeit in Anspruch
Als Folge davon reagiert die Branche träge auf Anforderungen. D. h. es werden keine grundlegend neuen Technologien in grossem Massstab eingesetzt werden können. Es gilt daher: Was für die Energieversorgung des Jahres 2050 relevant sein soll, muss bereits heute existieren.
Welche Bedürfnisse sind bis 2050 vermehrt zu befriedigen:
- Elektromobilität
- Batteriebetriebene Autos werden in der ersten Welt dominant sein.
- Lastwagen können vermutlich nur für kurze und mittlere Distanzen mit Batterien betrieben werden.
- Wärmegewinnung
- aus Abwärme in Wärmeverbünden
- über kalte Wärmeverbünde
- über dezentrale Wärmepumpen
Wärmepumpen reduzieren den Energieverbrauch um 3/4 gegenüber fossilen Heizungen und sind heute im Vergleich zu fossilen Anlagen konkurrenzfähig. Da bestehende Heizsysteme über eine sehr lange Lebensdauer verfügen wird ein Umbau Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Solarstrom, der bis vor einigen Jahren vornehmlich über thermische Grossanlagen in Ländern mit intensiver Sonneneinstrahlung produziert wurde kann heute auch auf der Nordhalbkugel über eine Vielzahl kleiner Photovoltaik Anlagen effizient produziert werden. An geeigneten Standorten kann Solarstrom ohne “Flattern“ erzeugt über Leitungen über grosse Strecken geleitet werden, wie zum Beispiel bereits Strom aus Australien nach Singapur oder aus Ägypten nach Griechenland gelangt.
Windräder zur Stromproduktion sind nur an geeigneten Standorten sinnvoll einsetzbar. Sie können dort mit Rotoren von bis zu 172 m Durchmesser Strom zu einem Preis von ca. 5 Rp/kWh produzieren.
Grüner Wasserstoff, der über Elektrolyse gewonnen wird. Die dazu notwendige Energie soll zukünftig über Photovoltaik oder Windkraft produziert werden. Konkurrenzfähig ist bisher nur Grauer Wasserstoff, der aus fossilen Brennstoffen (Erdgas, Kohle, Öl) produziert wird. Er ist nicht klimaneutral, da dabei CO2 entsteht. Eine zu erwartende technische Entwicklung sollte die Herstellung von grünem Wasserstoff verbilligen, wozu die EU enorme finanzielle Mittel investiert.
Grundsätzlich hat Wasserstoff den Vorteil, dass er über längere Zeit gespeichert werden kann und theoretisch über eine bestehende Gasinfrastruktur transportierbar ist. Ein Einsatz von Wasserstoff ist neben der Wärmeproduktion über Gaskombikraftwerke (Power to X) in folgenden Bereichen wichtig:
- Herstellung von Dünger
- Stahlindustrie
- Transportwesen (Lastwagen, Flugzeuge, Schiffe)
Eine Dekarbonisierung bis 2050 ist unter den geschilderten Bedingungen machbar, mit riesigen Investitionen möglich und wahrscheinlich rentabel.
Für einen Erfolg der Energiestrategie 2050 in der Schweiz sind folgende Schritte notwendig:
- Dekarbonisierung
- Stromproduktion aus «Neuen Erneuerbaren Energien»
- Steigerung der Wasserkraftproduktion
- Reduktion des Stromverbrauches pro Kopf und insgesamt
- Atomausstieg
- Importe im Winter
Bei genauerer Betrachtung sind in der Schweiz folgende Schritte von Bedeutung
- Fossile Heizsysteme werden eine zunehmend kleinere Rolle spielen, da diese bei Neu- und Ersatzanschaffungen nicht mehr erlaubt sein werden und die Städte massiv in den Umbau investieren.
- Die Elektromobilität wird neuer Standard
- PV Anlagen werden im grossen Stil Teil der Liegenschaften sein.
- PV Anlagen im Gebirge ergänzen den Ausbau
- Windräder werden nicht das notwendige Ausbauniveau erreichen.
- Aktuell geht man von einem moderaten Ausbau der Wasserkraft aus (2TWh)
- Die Reduktion des Stromverbrauches pro Kopf ist wohl eine Illusion (E-Mobilität und Wärmepumpen)
- Es werden im Betrachtungszeitraum keine AKWs gebaut.
- Nordeuropa wird im Winter kaum mehr in der Lage sein, Strom in grossen Mengen zu exportieren.
Ohne folgende Punkte werden die Ziele in der Schweiz nicht zu erreichen sein:
- Die bestehenden AKWs werden weiter betrieben
- Es braucht neue Winterspeicher für die Wasserkraftwerke
- Gaskraftwerke werden die Lücke füllen (allenfalls mit Wasserstoff betrieben)
Ein Blick über die Grenzen zeigt welche Strategien andere europäische Länder verfolgen:
- Iberische Halbinsel: Erneuerbare und Produktion von Wasserstoff
- Frankreich: AKWs und Neue Erneuerbare (Gas erneuerbar?)
- Italien: Gas und Neue erneuerbare Energie
- Deutschland: Neue Erneuerbare und Gas (ev. Kohle)
- UK: Mix unter Vermeidung von fossilen Brennstoffen
- Nord- und Osteuropa: Vermehrt wieder neue AKWs
Welche Strategien wählen die USA:
- Es werden noch immer 25% des Stroms mit Kohle hergestellt
- Die USA wollen kein Datum für den Ausstieg aus der Kohle nennen
- Günstiges Fracking für die Gasproduktion
- Massive wirtschaftliche Interessen in der Ölindustrie
- Milliardensubventionen in Erneuerbare durch die Regierung Biden
- Es sind grosse Schritte in Richtung Dekarbonisierung zu erwarten, aber die fossilen Energieträger werden weiterhin eine Rolle spielen
Welche Strategien wählt Indien?
- Die Stromerzeugungskapazität aus Kohle in Indien hat sich in den letzten Jahrzenten massiv erhöht
- Der untere Mittelstand wächst und konsumiert mehr Energie (Bsp. Klimaanlagen)
- Strommangel üblich
- Schwache Infrastruktur
- Der Energiehunger ist ungebremst. Priorität hat die Versorgung mit Energie, vor der Umwelt
Welche Strategien wählt China:
- Die Hälfte des Kohleverbrauchs der Welt ist in China
- Die Migration der Bevölkerung in die Städte ist ungebrochen
- Der pro Kopfverbrauch von Energie steigt weiterhin
- Massive Investitionen in erneuerbare Energien unterstützen das Wachstum
- Es sind grosse Investitionen in erneuerbare Energien zu erwarten, aber die fossilen Energieträger werden weiterhin eine Rolle spielen.
Franz Joseph I.: Musikalische Facetten eines Kaisers
am MIttwoch, 18. Januar 2023, 18:30 Uhr, im Lyceumclub
Wie stand der Kaiser und König Franz Joseph I. zur Musik? Ist die in der Literatur oft geäusserte Annahme, dass er weder Interesse an noch besondere Kenntnisse über Musik hatte, überhaupt zutreffend? Kann man dabei zwischen seiner öffentlichen Musikwahrnehmung in zeremoniellen Kontexten und seinen persönlichen musikalischen Neigungen unterscheiden? Diese Fragen standen im Zentrum des Vortrags
Dr. Esma Cerkovnik, in Sarajevo (Bosnien & Herzegowina) geboren, ist Musikwissenschaftlerin und Flötistin. Aus einer Stadt stammend, die früher auch zur Doppelmonarchie gehörte und von ihr entscheidend kulturell geprägt wurde, hat sie ein besonderes Interesse für die komplexe Musikgeschichte dieser Monarchie im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts. Nach einem Studium an der Musikakademie der Universität in Sarajevo arbeitet sie derzeit an ihrer Habilitationsschrift am musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich.